Rigaer Straße 94: Hoffnung für die Kadterschmiede
Der Streit um die autonome Kneipe in der Rigaer 94 geht vor dem Landgericht in die nächste Runde.

Die Klagewelle gegen die autonome Szenekneipe Kadterschmiede in der Rigaer Straße 94 flutete am Mittwoch wieder einmal das Berliner Landgericht. Auch diesmal ging es vorrangig um Formalien, konkret um die Zulässigkeit der Räumungsklage und der Klägerin.
Zu Beginn der Verhandlung öffnete Richter Sebastian Pörschke den Raum für Vergleichsgespräche. Schließlich würde sich das Zulässigkeitsproblem und damit der Rechtsstreit lösen, wenn man das Ganze „auf rechtliche Füße stellt“, sagte er und meint damit etwa einen Mietvertrag. Beide Parteien sind sich einig, dass sie bei einem ernsthaften Angebot gesprächsbereit wären. Die Klägerin – die Eigentümergesellschaft Lafone Investments mit Sitz in England – spricht sogar von einem Verkaufsangebot. In der Vergangenheit scheiterten solche Gespräche allerdings immer wieder an den unterschiedlichen Vorstellungen.
Seit Ende 2013 wird die Kadterschmiede ohne Mietvertrag und behördliche Genehmigung in der besetzten Rigaer 94 betrieben. Der Treffpunkt wurde über die Jahre zu einem Symbol der linksradikalen Szene und ist längst über Berlin hinaus bekannt. Immer wieder versuchte die Eigentümergesellschaft, die angibt, das Gebäude seit 2015 zu besitzen, die Kneipe durch Räumungsklagen zu vertreiben.
Dabei scheitern diese immer wieder an Formalien, so wie es auch diesmal der Fall sein könnte. Das Hauptproblem sei wieder die inkorrekte Prozessvollmacht der Eigentümergesellschaft – Richter Pörschke bemängelte diesbezüglich fehlende Nachweise. Die Anwältinnen der Kadterschmiede werfen Lafone Investments zudem vor, dass die Geschäftsführerin eine Strohfrau und das Unternehmen eine Briefkastenfirma sei, um die wahre Identität der Eigentümer:innen zu verschleiern.
Richter sieht keinen Anspruch auf Räumung
Die Anwälte der Klägerin reagierten mit Empörung. „Sie neigen dazu, die Fiktion überzuinterpretieren“, warf einer von ihnen dem Richter vor. Sie forderten eine Nutzungsentschädigung der Kadterschmiede von 650 Euro pro Monat. Pörschke gab zu Bedenken, dass der Anspruch darauf verjährt sein könnte.
Das Landgericht wird am 8. Oktober verkünden, ob es die Klage als zulässig einstuft oder nicht. Tritt Ersteres ein, wird über die Räumungsklage verhandelt. Zwar betonte der Richter mehrmals, dass er zu dem Fall noch keine abschließende Meinung habe, einen Anspruch auf Räumung sehe er aktuell aber nicht, sagte er. (mit dpa)
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